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Weichen zur Länderbahnzeit

DKEV

Heizer
Moin Kollegen,

ein Thema, was mir bei Planungen ziemliches Kopfzerbrechen bereitet sind die verwendeten Weichen einzelner Bahngesellschaften in der Länderbahnzeit.

Laut Wikipedia wurde eine Vereinheitlichung der Weichenbauarten erst ab 1931 erzielt und in der Länderbahnzeit "friemelten" viele Bahngesellschaften an eigenen Weichenbauarten herum.

In dem Buch "Der Eisenbahnbau" der Ingenieurswissenschaften von 1892 interessierte man sich seitens der LBE - Lübeck Büchener Eisenbahn sehr für "aufschneidbare" Schleppweichen, wie sie auf der Bahnstrecke Berlin - Dresden verbaut waren.

Des weiteren nimmt der Bereich Weichen in diesem Buch seitenweise Abhandlungen über alle möglichen Weichenbauformen und Weichenarten ein und deren praktischen Vorzüge im Vergleich.

Aus Quellen von DB Lehrmaterialien der DB wird als Einleitung nur ein kurzer Satz erwähnt, daß es wohl vermehrt zu Schienenbrüchen bei spitzbefahrenen Zungenweichen auf abzweigenden Ast gegeben haben soll, was in der Zeit von 1878 bis etwa 1898 viele Bahngesellschaften dazu bewog, die veralteten aber robusteren Schleppweichen wieder zu verwenden, bis das Problem behoben war. Leider fehlen hier nachprüfbare Angaben bei welchen Bahngesellschaften diese Schienenbrüche vorkamen.

Anscheinend machten wohl Geschwindigkeiten von mehr als 10 Km/h und die in jener Zeit stetig ansteigenden Fahrzeuggewichte entsprechende Probleme, beim verlegten Gleismaterial jener Zeit.

Das hilft mir aber auch nicht weiter, ob ich nun mit Zungen- oder Schleppweichen die Gleisplanungen durchführen soll?

Einige Bahnhöfe verwendeten das britische Saxby & Farmer Kaskaden Stellwerksystem für Weichen und Signale, so auch der alte Kölner Bahnhof.

Das Saxby & Farmer System wurde 1857 patentiert und ab mitte der 1860er Jahre auch aufs europäische Festland verkauft und von vielen Städten, in deren Bahnhöfen, zur Anwendung gebracht. Es existiert eine digitalisierte Version des Saxby & Farmer Katalogs von 1878, da wird aber die Verwendung von verschließbaren Zungenweichen angegeben.

Leider fehlen auch hierbei Listen, in welchen Städte und Gemeinden dieses Stellwerkssystem Anwendung fand.

In der Geschichte der Stell- und Sicherungstechnik wird auf das gebräuchlichere Jüdel System aber auch Siemens & Halske, AEG und andere Stellwerksysteme verwiesen die um 1890 oder später das Saxby & Farmer System teilweise oder ganz ablösten.

Das beantwortet aber immer noch nicht die Frage, welche Weichenart oder welche Weichenbauart vorrangig genutzt wurde?

Auch Schleppweichen lassen sich von der Ferne stellen und mit Schubstangen im Stellwerk verriegeln. Bei ortsgestellten Schleppweichen gab es Anfangs ein Verriegelungsproblem, das im Laufe der Zeit aber auch gelöst werden konnte.

Dennoch bleibt die Frage weiterhin offen, welche Bahngesellschaft wegen der Schienenbrüche wieder Schleppweichen verwendeten und wie lange und vor Allem wo?

Schleppweichen sind die früheste Bauform von Weichen und waren in der Anfangszeit der Eisenbahnen ziemlich populär, so auch bei der bayerischen Ludwigsbahn 1835 zwischen Nürnberg und Fürth.

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Schleppweichen gelten als zungenlose Weichen, wo ein Schleppgleis in die Position der abzweigenden Stränge verschoben wird.

Der Nachteil: --> wird die Weiche stumpf aus einer Richtung befahren, in die sie nicht gestellt ist, führt das unweigerlich zur Entgleisung der Schienenfahrzeuge.

Es gibt zwar mögliche, aufschneidbare Schleppweichen, diese waren aber sehr kompliziert und schon damals sehr teuer.

In späteren Jahren kamen aber auch Zungenweichen zum Einsatz, laut dem Wikipedia Artikel ab 1852 (siehe Link weiter oben).

Bedenkt man nun, daß andere Bahnen ihre Gründung um 1850 und später hatten, wie die Lübeck Büchener Eisenbahn, Eröffnung der ersten Bahnstrecke 1853 nach Büchen, so erscheint die Verwendung von Zungenweichen eher fragwürdig?
Es kann wohl eher davon ausgegangen werden, daß man anfänglich auch Schleppweichen einsetzte.

Die Hamburger Bahn wurde ab 1864 gebaut und 1865 eröffnet eine Zeit, in der Zungenweichen noch nicht so oft verwendet wurden.
Der zweigleisige Ausbau erfolgte von 1873 bis 1875 aber ob damals schon vermehrt Zungenweichen zum Einsatz kamen ist die große Frage, vermutlich ja?

War nun aber auch die LBE von den Schienenbrüchen von spitzbefahrenen Weichen betroffen und wie lösten sie das Problem, sofern es denn bestand?

Ersatzteillisten beantworten meistens Fragen von Sachverhalten, die anderswo selten bis überhaupt nicht erwähnt sind.

Verschleißteile von Weichen und Erstzteile von Fahrzeugen zur Instandsetzung nach Entgleisungen könnten dazu beitragen wie häufig Reperaturen durchgeführt wurden?

Ich muß dahingehend noch Magazin- und Inventarlisten überprüfen, sofern diese noch irgendwo existieren?

Zum Glück meinerseits bin ich der alten deutschen Schreibschrift noch mächtig, diese selber zu schreiben und lesen zu können.

Vieleicht weiß ja jemand von euch etwas zu diesen Themen beizutragen?

LG Ingo
 
H

hannah

Das hilft mir aber auch nicht weiter, ob ich nun mit Zungen- oder Schleppweichen die Gleisplanungen durchführen soll?

Guten Abend Ingo,

meine Meinung hierzu ist, dass Du Schleppweichen ausschliessen solltest; das sind doch Exoten. Ansonsten scheint es damals eine große Vielzahl verbauter Weichentypen gegeben zu haben. Von daher bist Du in der Wahl deiner Weichen recht frei und könntest mangels konkreter, belegter Vorbilder munter vor dich hinbauen.

Auch das ganze Gedöns um Haken, Bügel, Nägel etc. - Kleinseisen eben - solltest Du locker sehen, zumindest in dem Maßstab in dem Du baust. Selbst bei meinen Spur-Null-Gleisen muß ich mit Lesebrille auf Nasenlänge an die Gleise ran, um die Unterschiede zwischen LENZ (Deutsche Kleineisen) und PECO (Britische) zu erkennen. Spätestens nach dem Einschottern und aus Betriebsperspektive ist das bedeutungslos.

Einzig bei den Profilen kannst Du dir einen Gefallen tun, indem Du fine scale verbaust. Aber Vorsicht, darauf fährt nicht alles störungsfrei und altes Rollmaterial lässt sich oft gar nicht auf entsprechend benötigte Radsätze umrüsten. Ausserdem wird in diesem Fall die NEM zu deiner persönlichen Bibel.

Also Museumsqualität lässt sich meiner Meinung nach nur auf Dioramen umsetzen. Auf einer richtigen Anlage wirst Du mit den Ansprüchen nie mit dem Gleisbau fertig. Von den Kosten will ich gar nicht erst schreiben.

Aus Freude am Modellbau freundliche Grüße aus Tornesch

Hannah
:cool:

Übrigens: :thatsfunny:
Wenn Du dir einmal die Zeit nimmst und alte Trassen in deiner Umgebung per pedes erkundest, wirst Du staunen ob der Epochenvielfalt der verbauten Schwellen und Kleineisen. Um Letztere eindeutig zu identifiziern empfiehlt sich auch das Mitführen eines Besens oder Laubbläsers, um Laub, Zweige, Müll und Moos zu entfernen.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:

DKEV

Heizer
Moin Kollegen,

bedenkt man, daß in Lübeck alte Gleisanlagen irgendwo so lange dort verbleiben wo sie einst gebaut wurden und nur dann entfernt werden, wenn sie irgendwem im Weg sind, hat man noch gute Chancen viel historisches zu entdecken, sofern es sich nicht unter Asphalt oder auf Privatgrundstücken befindet.

Als der Neue Lübecker Hnf im Jahr 1907 in Betrieb ging, wurden lediglich die Gleisanlagen etwas verschwenkt. Die alten Gleise befinden sich teilweise immer noch in den Wallanlagen.

In der Straße Beckergrube werden so pöh á pöh selbst wieder alte Tramgleise sichtbar oder verwandeln den Straßenbelag in Stolperfallen für Fußgänger. 1959 wurde der Trambahnverkehr eingestellt.

LG Ingo
 

Bastler

Teammitglied
Super-Moderator
Hoi Ingo

Irgendwie verstehe ich deine Fragestellung nicht. Bei deinem Projekt bist du dir ja im Klaren (wie du geschrieben hast), dass dort an einer einzigen Stelle offenbar eine Schleppweiche verbaut wurde, also los von Rom und bau die dort ein.

Ausserdem ist das aber sicher eine interessante Fragestellung, allerdings kaum eine, die dir schlaflose Naechte bereiten sollte. Es ist ohnehin nicht ganz klar, was unter Schleppweiche zu verstehen ist. Du beschreibst einen einzelnen Typ, welcher in Nordamerika als "stubswitch" bekannt war, daneben gab es auch andere Formen (z.B bei der Pilatusbahn) welche ganz ohne Herzstuecke auskamen, indem entweder ein gebogenes oder eine gerades ganzes Gleistueck hin und her geschoben würde. Bei der Pilatusbahn war das dem verwendeten Zahnradsystem Locher geschuldet.

Wie schon Hannah sagte, kann man sich darueber lange unterhalten, wie auch ueber die Stuhlschienen von Peco. Diese wurden ja nicht nur in England verbaut, auch in der Schweiz setzte die BLS diese haeufig ein. Letzlich kommt es bei einer Anlage oder einem Diorama aber nur auf die optische Glaubwürdigkeit an.

Gruss Barni

ps: was mich aber interessieren wuerde, waere die Konstruktion einer aufschneidbaren Schleppweiche; kann mir das irgendwie nicht vorstellen
 

DKEV

Heizer
Moin Barni,

ps: was mich aber interessieren wuerde, waere die Konstruktion einer aufschneidbaren Schleppweiche; kann mir das irgendwie nicht vorstellen

Ich werde dir die Zeichnung einer aufschneidbaren Schleppweiche noch nachreichen, dazu muß ich aber eine Abschrift in der Stadtbibliothek zu Lübeck anfertigen. Alte Bücher von vor 1949 dürfen den Lesesaal leider nicht verlassen, nicht mal zum Fotokopieren.

LG Ingo
 
H

hannah

Ich werde dir die Zeichnung einer aufschneidbaren Schleppweiche noch nachreichen

Moin Ingo,

"ich auch haben will". Bastel gerade und nebenbei an einer Spur-0-e-Dampflok, damit ich meine alte BR 89 von Fleischmann nicht wegwerfen muss. Auf einem Schmalspur-Diorama würde sich so eine Schleppweiche sicher gut machen. Ausgaben für Kopie/en und Porto würde ich Dir per paypal zukommen lassen. :cool:

Aus Freude am Modellbau freundliche Grüße aus Tornesch

Hannah
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:

DKEV

Heizer
Moin Hannah,

wegen meiner prikären Wohnsituation ist ein großteil meiner Modellbahnartikel in Frankfurt eingelagert.

Wenn du an eine 0e oder 0n30 Schleppweiche in Code 100 interessiert bist, die gibt es von Wenz Modellbau und kostet um 50 € als Bausatz.

Bezüglich der Verwendung von Schleppweichen in Hauptgleisen wurde vom VDEV = Verein Deutscher Eisenbahn Verwaltungen, dem auch einige schweizer Bahnen angehörten, bereits im Jahr 1868 die Verwendung von Schleppweichen in Hauptgleisen verboten, in Nebengleisen waren sie aber noch erlaubt, sowie bei Sekundärbahnen und Localbahnen aber auch Schmalspurbahnen.
Nun gab es aber auch zwei Eisenbahnverwaltungen von den 41 Mitgliedsverwaltungen, die sich nicht daran hielten.
Die Magdeburg Leipziger Eisenbahn verwendete Schleppweichen noch bis in die 1890er Jahre.
Die Berlin Dresdner Eisenbahn führte noch 1892 einen Großversuch mit Sicherheitsschleppweichen durch, der noch nicht abgeschlossen war.
Wie man aus späteren Publikationen entnehmen kann fiel das Ergebnis zu Gunsten der Zungenweichen aus.

Schönen Gruß,

Ingo
 

plusplus

Teammitglied
Super-Moderator
@hannah

Eine Schleppweiche könntest du aus einem alten Bausatz wohl auch selber bauen ... scheint mit nicht allzu schwierig zu sein. Wäre eine H0-Weiche mit Profilhöhe 2,5 mm für deine Zwecke brauchbar?
 
H

hannah

Guten Morgen in die Runde,

nach ausgiebiger Recherche und Begutachtung einer Meterlänge teuer bezahltes Selbstbaugleis in Museumsqualität wandte ich mich von dem Thema ab. Solche Spitzfindigkeiten sind aus ca. 80 cm Betrachtunsabstand kaum zu erkennen, zumindest von mir nicht. Meine Meinung: Aufwand und Kosten stehen in miserablem Verhältnis zum Ergebnis.

Allein schon der Rohbau des ersten Dioramamoduls erweist sich als sehr zeitaufwendig; nach drei Tagen ist das der Status Quo:

Rohbau_von_der_Stirn.jpeg Rohbau_von_vorne.jpeg

Vor allem die vorbereitenden Details halten sehr auf:

Rohbau_detail_Treppe.jpg Rohbau_detail_Signalsockel.jpg
(Unterkonstruktionen Treppe und Sockel für das Signal in Böschung)

Bis der Rohbau steht und Gleismaterial verlegt und verkabelt werden kann, werden sicher noch einmal 3 Tage in's Land gehen. Mit Gleis- und Weichenselbstbau würde der Rohbau zum Monatsende kaum fertig werden. Und ab Anfang nächsten Monates will ich endlich mit der Gestaltung beginnen.

Allein die durchlaufende Mauer aus ca. 1.440 selbstgefertigten Natursteinattrappen dürfte eine gute Woche in Anspruch nehmen, macht aber sicher mehr Spaß, als Schienenfüßchen auf Schwellen zu nageln. Für Weichen hat's nicht mal Platz.

Aus Freude am Dioramabau grüße aus Tornesch

Hannah
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
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